Aufwertung Mattenbach
Revitalisierung Mattenbach, Fuss- und Veloführung Altstadt-Seen
Fragen & Antworten
Was ist ein Studienauftrag?
Ein Studienauftrag ist ein Konkurrenzverfahren, bei dem die teilnehmenden Planungsteams im Gegensatz zu einem Wettbewerb nicht anonym arbeiten. Der Auslober des Studienauftrags bestimmt die Teilnehmenden aufgrund einer Präqualifikation und entrichtet ihnen ein festes Honorar.
Warum hat die Stadt dieses Verfahren gewählt?
Studienaufträge bieten die Möglichkeit des direkten Dialogs zwischen den Teams und dem Begleitgremium. Sie eignen sich daher besonders zur Ausarbeitung von Lösungen komplexer Aufgabenstellungen. Im Rahmen einer Zwischenbesprechung können dabei Fragen gestellt und beantwortet sowie Vertiefungsaufträge erteilt werden.
Wer entscheidet, welches Projekt gewinnt?
Das Begleitgremium, das die Beiträge der Teams beurteilt und am Ende das Gewinnerprojekt festlegt, besteht aus Sachexpert:innen, Fachexpert:innen und einer variablen Zahl weiterer Expert:innen. Stimmberechtigt sind in dem Gremium nur die Sach- und Fachexpert:innen.
Wieso entscheiden genau diese Personen?
Die Sachexpert:innen vertreten die in das Projekt involvierten Fachstellen der Stadt Winterthur, namentlich das Tiefbauamt, das Amt für Städtebau und Stadtgrün Winterthur. Die Fachexpert:innen sind unabhängige Fachpersonen aus den Disziplinen Landschaftsarchitektur, Verkehrsplanung und Ingenieurwesen in Umwelt, Fluss- und Wasserbau, die aufgrund ihrer Qualifikation und Erfahrung für das Verfahren ausgewählt wurden. Die Überzahl der Fachexpert:innen verhindert, dass bei Uneinigkeit im Gremium die Vertreterinnen und Vertreter der Auftraggeberschaft die Fachexpert:innen überstimmen können.
Was passiert mit den Ergebnissen aus dem Studienauftrag?
Das Begleitgremium wählt aus den Vorschlägen der teilnehmenden Teams die beste Vorstudie für die Weiterbearbeitung aus und gibt Empfehlungen zur Vertiefung bestimmter Aspekte ab.
Wie wird die Bevölkerung weiter einbezogen?
Vertretungen des Quartiers und der Grundeigentümerschaft sind an den Beurteilungstagen anwesend. Am Ende des Verfahrens findet eine öffentliche Informationsveranstaltung statt. Und vor der Ausarbeitung des Bauprojekts gibt es im Rahmen der öffentlichen Mitwirkung eine Auflage des Vorprojekts, bei der die Bevölkerung Einwendungen machen kann.
Wie wurden Schlüsselpersonen (für die Spurgruppe) bestimmt?
Für eine qualitative Mitwirkung wurde bewusst nur eine bestimmte Anzahl Personen und möglichst aus verschiedenen Ecken angefragt. Die angefragten Personen sollen die verschiedenen Anspruchsgruppen aus dem Quartier gegenüber der Stadt Winterthur vertreten. Namentlich setzt sich die Spurgruppe aus folgenden Vertreter:innen zusammen: Vier Vertreter:innen der Arbeitsgruppe «Veloschnellroute und Bachrevitalisierung» – der Mattenbach-Allianz, der Präsident des Quartiervereins Wildbach-Langgasse, der Präsident des Püntenpächtervereins Areale 1-4, die Co-Präsidentin des Natur- und Vogelschutzvereins, der Schulleiter der Schule Mattenbach, ein Verteter von Pro Velo Winterthur, ein Vertreter von Winti Mobil sowie der Präsident des Ornithologischen Vereins (total acht Personen).
Welche Aufgabe hat die Spurgruppe?
Die Spurgruppe bringt für die Plaung des Mitwirkungsprozesses inhaltliche Anregungen, Bedenken und Fragen aus ihrem Bereich ein. Sie reflektiert den Prozess und unterstützt dabei die Mitwirkung mit der Perspektive Bevölkerung. Die Spurgruppe ist auch Multipliktorin und trägt dazu bei, den Mitwirkungsprozess breit abzustützen.
Wer darf als Vertretung des Quartiers während des Studienauftrags teilnehmen?
Die Vertretung wird durch die Leitung Mitwirkung und in Absprache mit der Spurengruppe definiert. Die Mitglieder der Spurgruppe sind mit den diversen und komplexen Fragenstellungen vertraut und können gezielt jemanden definieren, der/die die Anliegen der Bevölkerung im Beurteilungsgremium vertreten wird.
Was ist der Gewässerraum und welche Parzellen werden vom Gewässerraum tangiert?
Gewässer bilden vielfältige und vernetzte Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Für die Ausbildung dieser Lebensräume brauchen die Gewässer genügend Raum. Der Raum entlang von Gewässern ist jedoch begehrt und wird vielerorts immer knapper. Kanton und Gemeinden sind gesetzlich verpflichtet, für all ihre Gewässer einen Gewässerraum festzulegen. Er bestimmt den Raum, der für das Gewässer frei bleiben soll. So sollen die natürlichen Funktionen der Gewässer, der Hochwasserschutz und die Nutzung als Naherholungsgebiet gewährleistet werden.
Zurzeit ist der Gewässerraum für den Mattenbach noch nicht rechtskräftig festgelegt. Deshalb können die betroffenen Parzellen noch nicht genannt werden.
Werde ich als Grundeigentümerin oder Grundeigentümer enteignet, wenn mein Grundstück in den Gewässerraum zu liegen kommt?
Grundstücke, Bauten und Anlagen im Gewässerraum bleiben im Eigentum ihrer Inhaber:innen. Es kommt deshalb nicht zu einer Enteignung. Der Gewässerraum stellt jedoch eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung dar (ÖREB). Innerhalb des Gewässerraums gelten verschiedene Nutzungseinschränkungen. Erst wenn dadurch die Nutzung des Grundstücks in schwerwiegender Weise eingeschränkt (wenn das Grundstück z.B. unüberbaubar wird), kann dies einer materiellen Enteignung (erheblicher Nutz. Bzw. Wertverlust) gleichkommen. Dies wird jedoch nur in seltenen Fällen vorkommen.
Quelle: https://www.zh.ch/de/planen-bauen/wasserbau/gewaesserraum.html#1033311071
Was bedeutet es, wenn ein Grundstück innerhalb des Gewässerraums liegt?
Im Gewässerraum gilt grundsätzlich ein Bauverbot. Neue, privat genutzte Bauten und Anlagen, Ersatzbauten und Erweiterungen sind im Gewässerraum nicht erlaubt. In dicht überbauten Gebieten sind aber auch Ausnahmen möglich. Diese werden im Einzelfall geprüft. Bestehende Bauten und Anlagen, die rechtmässig erstellt wurden und bestimmungsgemäss nutzbar sind, sind in ihrem Bestand grundsätzlich geschützt. Diese dürfen weiterhin bleiben und unterhalten werden. Auch gewisse Umbauten, innere Erweiterungen und Umnutzungen im untergeordneten Ausmass bleiben aufgrund der erweiterten Besitzstandsgarantie möglich. Wenn ein Grundstück teilweise im Gewässerraum liegt, verringert das die insgesamt zulässige bauliche Ausnützung der des Grundstücks nicht. Wer einen Garten besitzt, darf in diesem Bereich kein kein Dünger und keine Pflanzenschutzmittel einsetzen.
Was ist der Unterschied von Gewässerabstandslinien und Gewässerraum?
Entlang des Mattenbachs besteht eine kommunale Gewässerabstandslinie. Diese sichert eigentümerverbindlich den Raum für das Gewässer samt den Wegen und Erholungselementen. Gleichzeitig ist die Stadt vom Kanton beauftragt worden, den Gewässerraum auszuscheiden. Der Gewässerraum soll den Raum des Gewässers samt Ufer und grundsätzlich ohne Wege sichern.
Wie gross ist der Gewässerraum?
Der Gewässerraum für den Mattenbach ergibt sich erst aus den Ergebnissen der Studie bzw. aus dem endgültigen Projekt. Dauert dieser Prozess länger, kann es sein, dass zur vorausschauenden Raumsicherung zunächst ein «vorübergehender» Gewässerraum nach abstrahierten Berechnungsvorgaben des Kantons festgelegt wird. Dieser berechnete Gewässerraum kann danach an das effektive Revitalisierungsprojekt angepasst werden. Weitere Informationen: Gewässerraum | Kanton Zürich (zh.ch).
Lohnt sich der Aufwand einer Revitalisierung für einen Bach mit derart niedrigem Wasserstand überhaupt?
Die Schaffung von wertvollen Lebensräumen für Flora und Fauna ist auch möglich bei Gewässern mit zeitweise niedrigem Wasserstand. Bei einer Revitalisierung des Mattenbachs können z.B. entlang des Gewässers selten gewordene Feuchtbiotope erstellt werden, die einen wichtigen Lebensraum für unterschiedlichste Lebewesen (Fische, Amphibien, Insekten, Sumpfpflanzen etc.) darstellen. Dies kann auch mit einer geringen Wasserführung erreicht werden, da nicht alle Lebewesen auf grosse Wassermengen angewiesen sind. Zudem können im Uferbereich Lebens- und Rückzugsräume für terrestrische Tiere (z.B. Reptilien, kleine Säugetiere und Vögel) geschaffen werden, die in unserer Landschaft ebenfalls zu selten vorkommen. Nicht zuletzt profitiert die Pflanzenvielfalt (z. B. Gelbe Schwertlilie oder Blutweiderich) von einer abwechslungsreichen Ausgestaltung der Uferbereiche.
Der Qualletbach wurde 2011 revitalisiert, jedoch ist nur eine eingeschränkte Gewässerfauna ersichtlich. Was wird unternommen, damit das beim Mattenbach besser wird?
Der Qualletbach weist nur eine geringe Fliessgeschwindigkeit auf. Deshalb lagern sich hier Sedimente und Schlamm ab, was die Ansiedlung von Pflanzen und Wirbellosen behindert. Zudem kann eine verschlammte Bachsohle auch die Eiablage von Fischen und anderen Wassertieren beeinträchtigen. Dafür profitieren die Amphibien vom langsam fliessenden Qualletbach. Schneller fliessende Bäche wie der Mattenbach bieten mehr Sauerstoff und Nährstoffe, was die Artenvielfalt begünstigt. Um die Artenvielfalt weiter zu erhöhen, könnten Massnahmen wie die Entfernung von Sedimenten, die Schaffung von Strukturen (z. B. Steine, Totholz) und die Förderung von Pflanzenwachstum in Betracht gezogen werden. Insgesamt ist es entscheidend, die spezifischen Gegebenheiten des Mattenbachs zu berücksichtigen und gezielt Massnahmen zu ergreifen, welche die Lebensbedingungen für die aquatische Fauna und Flora verbessern. Die ökologischen Aspekte sollen beim Revitalisierungsprojekt des Mattenbachs eine wichtige Rolle spielen. Der Qualletbach gehört dem Kanton, wird durchs Tiefbauamt gepflegt und dieses Jahr mit einer Schulklasse und Stadtgrün zusammen Massnahmen umgesetzt wurden. Konkretere Auskunft durch Michael Wiesner, Stadtgrün Winterthur.
Was bedeutet "Revitalisierung" konkret?
Revitalisierungen sind ein zentraler Bestandteil des Gewässerschutzgesetzes. Ziel ist die Wiederherstellung von naturnahen Bächen, Flüssen und Seen mit ihren charakteristischen Tier- und Pflanzenarten. Neben der Biodiversität profitieren auch Naherholung und Hochwasserschutz. Als Revitalisierungen gelten bauliche Massnahmen zur Wiederherstellung der natürlichen Funktionen eines verbauten, korrigierten, überdeckten oder eingedolten oberirdischen Gewässers. Welche Massnahmen beim Mattenbach sinnvoll sind und umgesetzt werden, wird mit dem Projekt festgelegt.
Der Stadtrat hat aus drei Varianten der Konzeptstudie zum Hochwasserschutz eine ausgewählt, die nun als Grundlage für den Studienauftrag dienen sollte. Warum hat sich der Stadtrat für die eine Variante entschieden?
Am 25. November 2020 entschied sich der Stadtrat die Variante Gerinneausbau (hochwassersicherer Ausbau des gesamten Mattenbachs) weiterzuverfolgen (vgl. Stadtratsbeschluss 25.11.2020). Der Stadtratsbeschluss basiert auf dem technischen Bericht der Konzeptstudie Hochwasserschutz Mattenbach der Flussbau AG, Zürich, vom 31. März 2020. In der Konzeptstudie wurde aufgezeigt, dass ein hochwassersicherer Ausbau des gesamten Mattenbachs wohl die sinnvollere und in einer Gesamtbetrachtung auch günstigere Lösung als ein Rückhaltebecken im Bereich Oberseen ist. Die zwei wichtigsten Gründe/Kriterien für den Variantenentscheid waren die Kosten und der betriebliche Unterhalt.
Warum muss der Mattenbach überhaupt revitalisiert werden?
Der Zustand des Mattenbachs ist gemäss ökomorphologischer Klassifizierung überwiegend künstlich, naturfremd und stark beeinträchtigt. Durch die Revitalisierung sollen die ökologischen Bedingungen verbessert werden, um Lebensräume für Flora und Fauna zu schaffen. Auslöser der Revitalisierung ist aber der ungenügende Hochwasserschutz.
Gibt es überhaupt eine realistische Hochwassergefahr?
Dass die Hochwassergefährdung real ist, hat sich im Jahr 2007 gezeigt. Durch einen Rückstau beim SBB-Durchlass wurde unter anderem das Schulhaus Oberseen geflutet und es entstand ein Schaden von rund 1 Mio. Franken. Daraufhin wurde der Rückbau eines Rückhaltebeckens im Bereich Oberseen geprüft. Aufgrund der anschliessend ausgearbeiteten Konzeptstudie Hochwasserschutz Mattenbach (siehe oben), entschied sich der Stadtrat dann jedoch für einen hochwassersicheren Ausbau des gesamten Mattenbachs. Die Gefahrenkarte Hochwasser zeigt, dass im Siedlungsgebiet ab einem 30-jährlichen Hochwasserereignis (HQ30) mit Ausuferungen zu rechnen ist. Bei einem 100-jährlichen Hochwasserereignis (HQ100) wird das Schadensausmass auf etwa 30 Millionen Franken geschätzt.
Wird das Bachbett verbreitert?
Mit der Revitalisierung soll die Breitenvariabilität vergrössert werden. Dies bedeutet, dass die Breite des zukünftigen Bachbetts variieren soll und es somit an einigen Stellen zu einer Verbreiterung des Bachbettes kommen wird.
Wird die Begradigung aufgehoben? Falls ja: zu Lasten der Uferwege? Zu Lasten der angrenzenden Gärten?
Mit der Revitalisierung soll auch die gradlinige Linienführung gebrochen werden. Wie diese konkret aussehen soll, ist Aufgabe des Studienauftrags.